Für jede Nutzungseinheit (wie z.B. Wohnungen, Läden, Büroeinheiten) mit Aufenthaltsräumen in einem Gebäude sind im Normalfall zwei Rettungswege erforderlich. Ist der erste Rettungsweg über einen Sicherheitstreppenraum (hauptsächlich in Hochhäusern) in den Feuer und Rauch nicht eindringen sichergestellt, dann kann der zweite Rettungsweg entfallen. Der erste Rettungsweg ist dabei immer baulich (z.B. ebenerdiger Ausgang ins Freie oder über notwendige Treppen in Geschosse, die nicht ebenerdig liegen) herzustellen. Der zweite Rettungsweg kann entweder ebenfalls baulich (weitere notwendige Treppe) oder aber über Rettungsgeräte der Feuerwehr im Brandschutzkonzept nachgewiesen werden. Hierbei ist allerdings gerade in denkmalgeschützten Gebäuden zu berücksichtigen, dass die vorhandenen Fenster (Anleiterstellen der Feuerwehr) meist nicht den heutigen Anforderungen (abweichende Abmessungen) an Rettungsfenster entsprechen.
In Bestandsgebäuden gilt zwar grundsätzlich so lange der Bestandsschutz wie das Gebäude in seiner ursprünglichen Form genutzt wird (passiver Bestandsschutz). Werden an einem Objekt Anpassungen in begrenzter bzw. geringfügiger Art (z.B. denkmalpflegerische Maßnahmen oder Sanierung) durchgeführt, aber die bauzeitliche Struktur des Gebäudes und Nutzung bleibt bestehen, dann kann sich der Bauherr auf einen aktiven Bestandsschutz berufen. Bei einer wesentlichen Änderung (z.B. Dachausbau, Anpassung der Rettungswege, erhebliche Umstrukturierung des Grundrisses) oder Umnutzung des Objektes kann dies mit einem erhöhten brandschutztechnischen Anpassungsverlangen einhergehen. Meist wird in diesem Zusammenhang auch eine Stellungnahme eines Brandschutzsachverständigen zu einem bestimmten Sachverhalt oder ein komplettes Brandschutzkonzept von der Bauaufsichtsbehörde für das Bauvorhaben verlangt.

Beispiel aus unseren aktuellen Projekten

Ein denkmalgeschütztes Wohngebäude inklusive angrenzender Scheune (Baujahr frühes 17. Jahrhundert) sollten jeweils in ein Mehrfamilienhaus umgebaut werden. Hier wurde für das Wohngebäude der Bestandsschutz geltend gemacht. Für die Umnutzung der Scheune (ehemals landwirtschaftliche Nutzung) in eines der beiden Mehrfamilienhäuser galt der Bestandsschutz allerdings nicht, so dass in Abstimmung mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde und dem Architektenbüro z.B. geprüft werden musste, inwieweit die heutigen Abmessungen der Rettungsfenster (2. Rettungsweg sollte über tragbare Leitern der Feuerwehr erfolgen) in die Gefache der denkmalgeschützten Fachwerkwände eingebaut werden konnten. Die entsprechenden Anforderungen und Abmessungen sind aus den jeweiligen Landesbauordnungen der einzelnen Bundesländer zu entnehmen.

IBR Renckly - Denkmalgeschützten Gebäuden - Der zweite Rettungsweg und historische Fenster

Bild 1: Mindestmaße für Rettungsfenster beispielsweise nach der Ausführungsverordnung zur Landesbauordnung Baden-Württemberg (LBOAVO)

IBR Renckly - Denkmalgeschützten Gebäuden - Der zweite Rettungsweg und historische Fenster
Bild 2: Mindestmaße für Rettungsfenster (Dachflächenfenster) beispielsweise nach der Ausführungsverordnung zur Landesbauordnung Baden-Württemberg (LBOAVO)

Wenn Rettungsgeräte der Feuerwehr für den 2. Rettungsweg eingesetzt werden sollen, dann müssen dafür beispielsweise die entsprechenden Flächen (je nach Rettungsgerät sind dafür unterschiedliche Flächen zu berücksichtigen) zur Aufstellung vorhanden sein. Diese können entweder auf dem eigenen Grundstück oder auf öffentlichen Flächen (z.B. Straße) liegen und sind im Brandschutzkonzept zu thematisieren (textlich und planerisch). Bei engen Bebauungen wie es bei denkmalgeschützten Gebäuden häufig der Fall ist, kann dies eine erhebliche Sisyphusarbeit darstellen und sogar mit einer Umplanung des Gebäudes einhergehen.

Bei dem oben bereits erwähnten Projekt lag das Gebäude zwar einseitig an einer öffentlichen Straße, die anderen Gebäudeseiten lagen allerdings zum Teil nur wenige Meter von der Grundstücksgrenze entfernt und konnten somit nicht als Anleiterstellen für die abseits der Straße liegenden Wohnungen benutzt werden, da diese Flächen dann auf dem Nachbargrundstück hätten liegen müssen. Eine solche Maßnahme ist ohne Einverständnis des Nachbarn und zum Beispiel der Eintragung einer Baulast nicht möglich. Insofern mussten die Feuerwehrflächen durch eine Umgestaltung des Innenhofes (Schaffen von Freiflächen durch Umpositionierung der PKW-Stellplätze) auf dem eigenen Grundstück sichergestellt werden.
Der große Unterschied zwischen Neubauten und der brandschutztechnischen Anpassung von Bestandsobjekten (Denkmalschutz hin oder her) ist die Tatsache, dass die Objekte bereits in ihrer Struktur und der Peripherie (wie der Abstand zu anderen bestehenden Gebäuden oder zur Grundstücksgrenze) vorhanden sind und meist gewollt oder nicht brandschutztechnische Defizite gegenüber den heutigen Anforderungen aufweisen. Auch die Umsetzung ist meist schwieriger, da hierbei immer wieder brandschutztechnisch Detailfragen geklärt und abgestimmt werden müssen. Meist fordert die Baurechtsbehörde bei solchen Umbaumaßnahmen innerhalb der Brandschutzauflagen zur Baugenehmigung auch einen Fachbauleiter Brandschutz.

Wir von IBR erstellen Ihnen ein individuelles Brandschutzkonzept oder unterstützen Sie als Fachbauleiter Brandschutz.
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